Daniel Goetschs Romanvorhaben mit dem Titel «Die Smala» zieht uns sofort in seinen Bann: Ein eleganter weisshaariger Geschäftsmann rammt im Museum ein Taschenmesser in ein Gemälde von Hodler, zerfetzt die Leinwand, bis zwei Uniformierte sich auf ihn stürzen. Bald kursiert darüber ein YouTube-Filmchen. Kurz darauf stirbt der alte Herr in der psychiatrischen Anstalt, angeblich durch Zyankali, wie in den sozialen Medien spekuliert wird. Das könnte der Anfang eines Krimis sein, doch Daniel Goetsch hat mit dem Stoff Raffinierteres und Anspruchsvolleres vor. Er bezieht die Angehörigen ein, führt uns in die Geschichte der Kinder ein, wie sie mit dem Ereignis umgehen. Es entwickelt sich ein Roman mit viel erzählerischem Drive. Dahinter steckt viel Recherchearbeit, die es dem Autor erst erlaubt, unterschiedlichste Milieus, Krankheitsbilder und Verhältnisse sehr plastisch auszuleuchten und mit bewundernswerter Leichtigkeit darzustellen. Ein vielversprechendes Romanprojekt! Julian Schütt

 

DANIEL GOETSCH, *1968, Berlin, Literatur, Werkbeitrag CHF 20’000. danielgoetsch.com

Visuals: Porträtbild © Adrian Zuber